Legasthenie ist eine vor allem neurobiologisch bedingte Entwicklungsstörung der Lese- und Rechtschreibfertigkeiten. Sie wird als Teilleistungsstörung bezeichnet, da die betroffenen Kinder meist isoliert nur im Lesen, nur im Rechtschreiben oder in beidem gravierende Schwierigkeiten haben. Das Scheitern ist erwartungswidrig, weil es trotz guter kognitiver Grundfertigkeiten (d. h. gute oder sogar hohe allgemeine Begabung) und trotz ausreichender Beschulung auftritt. In Deutschland sind 4–6 % der Kinder und Jugendlichen von einer Lese-Rechtschreibstörung betroffen. Man findet folglich an jeder Schule einige von Legasthenie betroffene Schüler. Es gibt diese Problematik in allen Schriftsprachen.
Schwächen beim Lesen können sein:
Schwächen beim Rechtschreiben können sein:
Eine Lese-Rechtschreibstörung (LRS) ist dadurch definiert, dass über einen längeren Zeitraum (mindestens 3–6 Monate) und trotz beständigen Übens eine überdurchschnittliche Häufung von Leseschwierigkeiten oder Fehlschreibweisen gemessen am Alter bzw. der Klassenstufe vorliegt. Die legasthene Problematik zeichnet sich dabei nicht durch eine spezifische Art von Fehlern aus, es treten im Prinzip alle Fehlerarten auf, die auch Nicht-Legasthenikern bisweilen unterlaufen.
Aus den oft jahrelangen Erfahrungen von Scheitern und (schulischen) Misserfolgen resultieren sekundär häufig Folgeprobleme für weitere Lebensbereiche des Kindes oder Jugendlichen.
Emotional-motivationale Probleme:
Soziale Probleme:
Körperliche Probleme:
Schulische Probleme:
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Legasthenie in die offizielle Liste gesundheitlicher Beeinträchtigungen aufgenommen; in der „Internationalen Klassifikation psychischer Störungen“ (ICD-10) ist sie als umschriebene Entwicklungsstörung aufgeführt. Die aktuell gültige S3-Leitlinie zur Lese- und Rechtschreibstörung der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) formuliert klare Kriterien für Diagnose und Therapie. Das Ziel besteht darin, Handlungsanweisungen zu geben, damit eine wissenschaftlich fundierte, einheitliche Diagnostik und Förderung sichergestellt ist.
Die Praxis KleinerFuchs orientiert sich an diesen Richtlinien.
Standardisierte psychometrische Lese- und Rechtschreibtests für diverse Altersgruppen und Klassenstufen erlauben eine erste vorläufige Diagnose der Lese-Rechtschreibschwächen entsprechend der Fehlerhäufigkeit. Außerdem ist eine qualitative Fehleranalyse des Tests und weiterer Schriftproben erforderlich.
Auf Basis dieser Ergebnisse sind individuell zugeschnittene Förderstunden möglich.
Auf Wunsch lassen sich weitere diagnostische Testverfahren (z. B. Leistungsdiagnostik durch Intelligenztestung) ergänzen. Diese Testungen können ebenfalls in der Praxis KleinerFuchs durchgeführt werden und es kann hierüber eine schriftliche Testbestätigung für den schulpsychologischen Dienst oder den Arzt erstellt werden.
Die abschließende Diagnose einer Legasthenie wird bei Kindern und Jugendlichen durch Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie oder von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, bei Erwachsenen durch Psychiater oder psychologische Psychotherapeuten gestellt nach einer weitergehenden auf den Einzelfall abgestimmte Diagnostik (wie neurologische Untersuchung zur Überprüfung der Hör- und Sehfähigkeit, Schulbericht, Funktionsdiagnostik zu spezifischen Wahrnehmungsfähigkeiten, Untersuchung der Sekundärprobleme wie Schulangst, depressive Erlebens- und Verhaltenstendenzen etc.).
Eine genaue Abklärung ist wichtig. Erst dann kann mit angemessenen Maßnahmen reagiert werden, wie etwa Nachteilsausgleich oder Notenschutz in der Schule oder der Erstellung eines fachärztlichen Attests sowie mit einer individuellen außerschulischen Förderung.
Es besteht heute wissenschaftlicher Konsens darüber, dass Legasthenie sich leider keinesfalls im Laufe der Jahre „auswächst“ oder einfach durch noch mehr zusätzliches Üben zu beheben ist, sondern dass die Problematik vielmehr einer speziellen Lerntherapie bedarf. Die Therapie sollte direkt an der Lese- Rechtschreibproblematik ansetzen, d. h. sie muss symptomspezifisch sein. Außerdem sollten die Fördermaterialien wissenschaftlich evaluiert sein. Die genannte gültige S3-Richtlinie der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) gibt hierzu evidenz- und konsensbasierte Empfehlungen.
Ausgehend von den diagnostischen Vorbefunden und der Lernausgangslage des Kindes wird ein individueller Therapieplan erstellt. Zentraler Inhalt ist der systematische, strukturierte Aufbau der Lese-Rechtschreibfertigkeiten. Erarbeitet bzw. gefestigt werden die Vorläuferfertigkeiten für einen erfolgreichen Schriftspracherwerb (v. a. die phonologische Bewusstheit), lauttreue (alphabetische), orthographische und morphematische Strategien. Leitfaden bleibt stets der persönliche Leistungs- und Fehlerstatus, der auch immer therapiebegleitend diagnostiziert wird.
Neuropsychologische Basisfunktionen (Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Sprache, Handlungsplanung) werden parallel trainiert.
Von großer Bedeutung ist schließlich die Verbesserung der emotionalen und sozialen Situation des Kindes und Jugendlichen durch ein ressourcenorientiertes Vorgehen, Stärkung des Selbstvertrauens, Aufbau eines positiveren Selbstbildes sowie eines Gefühls der Bewältigbarkeit und der Kontrollüberzeugung. Die Vermittlung von Informationen und Wissen über die legasthene Problematik und Erklärung der therapeutischen Behandlungsschritte (Psychoedukation) bildet dabei stets ein wichtiges Element der Therapie. Es ist eine Grundvoraussetzung für die Nachvollziehbarkeit und für den erfolgreicheren Umgang mit der eigenen Problematik.